TOUR-BLOG & DOKU »Kujambel – Tour 2019 Nord«

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Die nächsten Tage werden nervenaufreibend, emotional und brutal hart. Sie werden uns physisch wie auch psychisch an unsere Grenzen bringen, und uns alles abverlangen. Wir haben uns entschlossen, an einem Sechs-Tage-Sackhüpfen um die Welt teilzunehmen – zumindest um die nördliche Welt der hiesigen Republik. Wir treten an gegen Sturm und Wetter, über Berge und Täler, messen uns mit den besten und hofiertesten Sackhüpfern aller Zeiten aus allen Herren Gelände und wollen doch Mal sehen. Was auch immer wir dann sehen, teilen wir natürlich auch schleunigst und gekonnt, auf diesem, unserem schönen Blog.
Es stehen Herausforderungen an, die sich ein normaler Mensch nicht ansatzweise auch nur schemenhaft vorzustellen wüsste, ein Messen gegen Urkräfte, wie sie noch nicht mal an einem Hamstergeburtstag vorkommen. Ja, schon jetzt läuft dem geneigten Leser dieser Zeilen der kalte Schweiß über den Rücken, dabei sind wir erst bei den Dehnübungen.
Der Startschuss erfolgt am Dienstag, dem 7. Mai, mit einem Zeithüpfen Richtung Bremen…

1. Tag, 07.05.2019, Bremen

Bei strahlendstem Himmel, jedoch mit Gegenwind, startete nun also die Sackhüpf-Sause, und schon nach der ersten Kurve in diesem Zeit-Hüpfen Richtung Bremen, schoss sich der peruanische Großmeister Don Thomaso Martinez mit seinem optimierten Talegio 2000 vor rauchend und qualmend, passend und dampfend vor das restliche Feld. Im späteren Interview erklärte er, dass er das immer so täte, er würde immer „Erstmale gehe eine dampfä, isse gute furre pulmón!“.
Der neufundländische Teilnehmer wurde bereits in der zweiten Minute disqualifiziert, als sich, nach gründlicher Studie des Regelwerks herausstellte, dass er die, nicht unerheblicher Tatsache ein Hund zu sein, vertuscht hatte, indem er sich darin versuchte, mit seinem Gejaule den Herrn Leo zu imitieren. Weitere drei Minuten später wurde die Disqualifikation wieder zurückgenommen, es stellte sich heraus, dass es sich bei eben dem Gejaule tatsächlich doch um die Sangeskunst des Herrn Leo handelte, dessen Zunge halt schon weit runter hing.
Die italienisch/langenhagerische Pfeiligkeit Carlini liess sich derweil von nichts und niemanden aus der Ruhe bringen, und bestellte Bratkartoffeln mit Spiegelei, was die zahlreichen Zuschauer am Straßenrand mit einer launigen Geste quittierten, sie bewarfen ihn mit warmen Würstchen. Wohl um ihre Bewunderung zum Ausdruck zu bringen.
Als dieses infernale Dreigestirn im Hafenrummel in Bremen auf die Zielgerade einbog, dämmerte zum einen schon die Morgenröte, zum andern, dem ein oder andern, dass dies durchaus die Geburt von etwas ganz großem sein könnte. Morgen steht die zweite Etappe nach Hamburg an. Niemand wird vor Spannung schlafen können…

2. Tag, 08.05.2019, Hamburg

Die zweite Etappe startete nach kleiner Verzögerung und unter Protest der kongolesischen Delegation um den afrikanischen Vize-dritten M’Buarino Knarlini. Die Behauptung, der oberhaslier Geheimfavorit Salvadodi Löli hätte sich den Hüpfsack falschrum aufgesetzt, was nicht der Regeln entspräche, konnte zwar bestätigt werden, zu dem Zeitpunkt war Löli aber schon längst über aller Berge, jedoch in die entgegengesetzte Richtung, was dann vom Rennkomitee als egal eingestuft wurde.
Die Staffeltruppe rund um den Starthüpfer Thomas „die Wuchte“ Martin, den Mittelstreckenspezialisten Marino „die Turbine“ Carlini und den Schlusshüpfer Dodo „der Bremsschirm“ Leo mussten wegen einem Wechselfehlers zwischen zwei Akkorden (nach Videobeweis) eine Extrarunde in einem Musikalienfachgeschäft drehen, was erheblich Zeit kostete und ihnen wohl den Tagessieg kosten wird. Das adelige französische Jungtalent Thomoise Comte de la Martäng liess den Renntag erpicht mit einer Käseplatte und Rotwein ausklingen, was vom Rest des illustren Feldes neidisch beäugt wurde, bestand deren Wettkampfernährungsplan aus einem Kantholz und einer Illustration einer Wasserflasche. Als kurz vor Mitternacht alle Teilnehmer von der Rennleitung in den Schlaf gesungen wurde, fehlte von Löli immer noch jede Spur. Ein Suchtrupp entdeckte ihn hüpfend im Bayrischen Wald, gerade noch rechtzeitig, bevor er von den örtlichen Behörden als Problembär eingestuft, und zum Abschuss freigegeben wurde.
Morgen steht das Staffelhüpfen nach Oberndorf an. Was nicht in Bayern, sondern in Niedersachsen ist…

3. Tag, 09.05.2019, Oberndorf


Der gestrige Staffel-Tag war geradezu prädestiniert für historisches  Sackhüpfen. Noch nie waren so viele, auf diese atemberaubend anspruchsvolle Disziplin spezialisierte Teams am Start, die Spannung war zum greifen nah. Wie würden die Athleten mit dem Überwurf beim Unterwurf zurecht kommen? Wird es wieder zu skandalösen Schiedsrichterentscheidungen kommen über Fragen wie, ob man aus solch kurzer Distanz einem Hüpfsack überhaupt hätte ausweichen können?
Früh stellte sich heraus, dass der Osthinterwestukrainische Teilnehmer Marinoslaw Karlinow sein Team entscheidend in Führung brachte, indem er die Konkurrenz obst seiner verführerischen, glockenhaften Vokal-Akrobatik in kollektive Schockstarre brachte.
Auch der saudische Prinz Dodo al-Leoyat konnte sich diesen betörenden Klängen nicht entziehen, es erinnere ihn an die Brunstlaute seiner Kamel-Hengste in al-Hudud asch-schamaliyya. Dankbar für die Erinnerungen an zu Hause, schenkte er Karlinow 4000 Kamele und eine Bohrinsel. 

Thomas Jannsen, aus dem ostfriesischen Team mit seinen Mitstreitern Marino Janssen und Dodo Janssen (alle nicht miteinander Verwandt) verlor die Nerven, als er im hinteren Teil der Urals die Wende verpatzte, sich darauf hin einer Gnu-Herde anschloss und verlauten liess, er möge mit dem Druck dieses infernalen Leistungssports nicht mehr umgehen, und fortan ein Leben als Gnu in seiner neuen Herde führen. Die Rennleitung drohte dem ostfriesischen Team am Abend mit Ausschluss wegen „unerlaubtem Entfernen von der Route und Untertauchung in einer Gnu-Herde“ laut dem Regelwerk Paragraph 125, Absatz 76c. Somit sind die Titelträume für das Team Jannsen, Jannsen und Jannsen wohl ausgeträumt, es sei denn, ein gewisser Holger Jannsen liesse sich doch noch rekrutieren, womit die Expertenschaft aber nicht mehr rechnet.
Zur allgemeinen Erheiterung sang am Ende dieses Renntages die bekannte Oktave-Quattro-Sopranistin Gluxelia Schlunz ihre Rolle der Flatulenzia, dazu gab’s Pizza.
Morgen steht die Bergetappe nach Lauenburg auf dem Programm, auf der sich die Athleten auch einer Flussdurchhüpfung werden stellen müssen.

4. Tag, 10.05.2019, Lauenburg

Es war, um es vorweg zu nehmen, schlicht das Comeback der Geschichte, dieses altehrwürdigen Sports und weit darüber hinaus. Der peruanische Großmeister Don Thomaso Martinez, nach seiner schnellen Führung nach dem Start doch erheblich zurück gefallen, entdeckte sein Lama wieder. Nach der näherer Befragung stellte sich heraus, dass es sein Karma war, was er wieder fand. Dieser unerwartete Schub an Adrenalin verhalf ihm dazu, als Erster die Stelle der Flussdurchhüpfung zu erreichen. Dies, und möglicherweise auch die erhebliche Müdigkeit, die das restliche Feld einholte. Sie alle hatten sich der Lullerierung der Frau Schlunz hingegeben, nicht ahnend, dass alleine die Arie der Flatulenzia acht Stunden dauert. An Schlaf war danach nicht mehr zu denken.Die anstehende Flussdurchhüpfung erwies sich als wahre Herausforderung. Da das Regelwerk vorschreibt, dass sich während der Durchquerung immer mindestens ein Ohr und ein Fuß, sowie Gartenschuppen im Hüpfsack zu befinden hätten, durfte Großes erwartet werden.Auf einer Pressekonferenz liess Prinz Dodo al Leoyat verlauten, er verfüge über keinerlei Gartenschuppi, woraufhin ihm eines seiner Kamele hüstelnd auf die Schulter tippte, und ihm etwas zuflüsterte, was der Prinz verneinte und sein Kamel wissen liess, hierbei hätte es sich um eine Bohrinsel gehandelt. Ein Gartenschuppen wäre noch viel, viel kleiner, so unglaublich sich das anhören möge. Es folgten verschwörerische Blicke und Gekicher, weitere Fragen wurden nicht zugelassen.Dem bis dahin kaum in Erscheinung getretenen Teilnehmer aus Japan Marinoaki Karlinoshi wurde unterstellt, ein Bento-Schiffchen unter seinen Hüpfsack montiert zu haben, was er lächelnd abstritt und wissen liess, er hätte als Kind einen Pudel gehabt. Da ihm nichts nachgewiesen werden konnte, gewährte man ihm den Tagessieg und zog sich zum Töpfern zurück.Abends besuchte ein Trupp einheimischer, föhngelockter Wanderdichter das Hüpferlager, um die strapazierten Athleten mit lyrischen Auswürfen zu beglücken.Die Berge, welche auf dieser Etappe angekündigt waren, haben sich verspätet, vielleicht ja morgen auf dem Weg nach Quern, Richtung Flensburg…

5. Tag, 11.05.2019, Flensburg/Quern

Die Vorentscheidende Berg-Etappe über den Flensburger-Pass im hintertibetanischen Grenzgebiet brachte eine unerwartete Wendung ein. Der Österreicher Dodl „die Pferdelunge“ Oberleoninger deklassierte förmlich die Konkurrenz, als es Richtung Quern-Plateau auf 8 Millionen Meter über Meer ging. Außerdem hatte er dem französischen Jung-Talent Thomoise Comte de la Martäng am Abend zuvor die Käseplatte weggegessen, was diesen sehr aufbrachte und zu der Aussage „Oberleoninschär, du hintärn misch ´ast gangään!“ verleitete, worauf der Österreicher sich sehr echauffierte, „Aaah pitte, untälossns doch mich ahn Hintäään zu nennen und holtens die Kongtänongs oder die Goschn!“
Dem Brasilianer Marinolito war das alles ziemlich Wumpe. Mit geschicktem Hüftschwung hüpfte er den Pass empor, bog jedoch an der berüchtigten Wiesel-Schlucht falsch ab und ward nicht wiedergesehen. Es hält sich das Gerücht, die Wiesel-Schlucht gäbe ja keine Seele mehr unversehrt frei, schließlich wimmele es da von blutdrünstigem Gemonstere aller Art. Unerwartet blökte just in einem Moment größter Spannung ein Schaf, was das Teilnehmerfeld in kollektives Staunen und sofortigen Stillstand versetzte, es bildete sich ein Stau, da stand man nun. Nach nur kurzer Zeit lief, obst fehlenden Gegenwindes der Hüpfsack des Osthinterwestukrainers Karlinow heiss und qualmte die ganze Gegend in dichten Nebel. Als sich dieser lichtete – der Nebel – dämmerte schon der Abend, der Zieleinlauf wurde um kurz vor Mitternacht registriert, als Marinolito doch noch überraschend auftauchte und sich herausstellte, dass er sich nicht in der Wiesel-, sondern in der Wies’n-Schlucht verlor. Aber von da kommt ja bekanntlich auch keine Seele unversehrt wieder raus…
Morgen steht die vorletzte Etappe nach Jesteburg an, die verbliebenen Athleten freuen sich. 

6. Tag, 12.05.2019, Jesteburg


Eine Schluss-Etappe, deren Dramatik nur von einem Roman der großartigen Hildtruth Landfön hätte überboten werden können, etwa in Herzen am See oder See im Herzen, aber auch Mein Herz im See 1-3 und Ich seh‘ mein Herz.
Das bisher so gut wie überhaupt nicht in Szene getretene Wuchtikorium Carlini, Dodo Leo & Martin gewann, mehr als überraschend die Etappe und sicherte sich damit mit sooooooooooo einem Vorsprung, aber sooooooooo einem Vorsprung den Gesamtsieg, den Waldmeistertitel und den Oscar, sowie mehrere Rehe, eine Öllampe, ein Kofferradio eine schicke Schürze. Beseelt vom Glück gluckste Herr Martin irgendwas von Kaffe mit seiner Tante, Dottore Carlini liess verlauten, er habe vor, seine gesamte Gewinnsumme in eine Kakteenfarm zu investieren, er hätte da so ein Gefühl, und Hr. Leo jauchzte, nun könne er bedenkenfrei sein Abo seines Lieblingsmagazins „Beardy Grannies“ verlängern. 
Und wieder geht ein Abenteuer zu Ende, so berührend wie verstörend. Was haben wir gelacht! Etwa als die Sache mit dem Bonbon passierte. Ja, herrlich! Und gelitten haben wir auch. Welchen Strapazen die Athleten ausgesetzt waren, als die Gummibärchen alle waren. Und der Kamillentee für die After-Show-Party. Als sich herausstellte, dass es sich nicht um ein Telefon handelte, sondern um ein Bügeleisen. Und doch haben sie alle durchgehalten. Nichts und niemand konnte sie aufhalten. Selbst als am vorletzten Renntag der Hüpfsack von Karlinow den Geist aufgab, und ihm Martinez anbot, in seinem mit zu hüpfen, was eigentlich gegen die Regeln verstiess, von der Rennleitung aber wohlwollend durchgewinkt wurde. Es herrschte ein Gemeinschaftsgefühl wie in einer überfüllten Straßenbahn bei über 30 Grad im Schatten. 
Hildtruth Landfön teilte nach der Siegerehrung mit, sie werde ein Roman darüber schreiben, und diesen auch verfilmen. Der Titel werde lauten: Wo ist der See, mein Herz? „Und so nahm er sie in seine starken Arme und küsste sie, wie sie noch nie vorher geküsst wurde.“ Ende!